Samstag, 12. Februar 2005

..... am wirtshaustisch .....

Er setzte sich an einen Tisch, alleine, nur von einer Flasche Bier begleitet. Eigentlich war er hierher gekommen um etwas Gesellschaft zu finden. Das Lokal war ziemlich voll, in der einen Ecke war ein DJ damit beschäftigt Platten aufzulegen, Independent Rock, wurde aber gerade von einer Gruppe Sinti, oder waren es Roma, unterbrochen, die nun Musik machten.

Diese Musik liess ihn aber nur noch schwermütiger werden. Er nahm einen grossen Schluck aus der Bierflasche. Am Nebentisch unterhielt sich ein junges Pärchen ganz angeregt, er jedoch sass noch immer alleine. Einsam fühlte er sich, nahm einen weiteren Schluck aus der Bierflasche, und stellte erneut fest, dass das Lokal recht gut frequentiert war. In einer weiteren Ecke stand ein Kicker, so ein fast altertümlich anmutender Tischfussball, der auch schon bessere Tage gesehen hatte und dennoch rege genutzt wurde. Doch er sass nur da.

In einem Spiegel an der Wand gegenüber konnte er sein Gesicht erkennen und betrachtete dieses Spiegelbild, sah sich selbst zu, wie er wieder die Bierflasche an seine Lippen führte. Dann entdeckte er in der Ecke rechts über dem Spiegel einen Fernseher. Irgend ein Fussballspiel wurde da übertragen. Eigentlich mochte er Fussball nicht, schaute aber trotzdem einige Minuten dem Spiel zu, und nahm dann wieder einen Schluck aus der Bierflasche.
Mittlerweile hatten die Zigeuner aufgehört zu spielen. Schade, ihre Musik war fast schöner als der Independent Rock, der nun wieder aus den Lautsprechern dröhnte. Einer der Zigeuner ging mit einem Hut umher um zu sammeln, das Mädchen vom Nebentisch liess ein paar Münzen in den Hut fallen. Er griff wieder zur Bierflasche, nahm einen weiteren Schluck und stellte fest, dass die Flasche schon fast leer war. Mit Handzeichen liess er den Bartender wissen, dass er noch eine Flasche wolle. Und immer noch sass er alleine an dem Tisch, obwohl noch mehr Leute in das Lokal gekommen waren.

Wieder beschlich ihn ein Gefühl der Einsamkeit. Ja, einsam war er, obwohl er inmitten von Leuten war. Gedankenleer starrte er auf die Tischplatte, nahm den letzten Schluck aus der Bierflasche, als der Bartender die nächste brachte. Nach einem kurzen Nicken, mehr zur Bestätigung denn als Dank, blickte er wieder auf die Tischplatte. Diese schien ein Marmorimitat zu sein.

Er folgte ein wenig dem Gespräch des Pärchens am Nebentisch, nur um doch nichts wahrzunehmen. Wieder sah er auf die Marmorimitatstischplatte. Einmal mehr floss ein Schluck Bier von der Flasche in seine Kehle, dabei stellte er fest, dass das Bier schön kühl war, fast zu kühl für seinen Geschmack. Dann drehte er die Flasche in seiner Hand und starrte wieder auf die Tischplatte. Klopfte mit den Knöcheln der linken Hand auf die Tischplatte, als könnte er so feststellen ob sie nun wirklich aus Marmor war, oder wie er nun wieder erneut vermutete, ein Imitat aus Kunststoff. Alleine, immer noch sass er alleine am Tisch. Er liess seinen Blick schweifen, sah, dass die anderen Tische überbelegt waren. Nur er sass alleine am Tisch. Wieder nahm er einen Schluck Bier. Allein, nicht nur an dem Tisch, sondern auch in seinen Gefühlen.

Er sass einfach nur da. "In gewissen Religionen ist dies doch der höchste anzustrebende Zustand", schoss es ihm durch den Kopf, "einfach nur existieren, ohne Gedanken. Ob er jetzt sowas wie ein Guru sei?" Danach starrte er wieder gedankenleer auf die Tischplatte aus Marmorimitat. Erneut nahm er einen Schluck Bier. Dabei fiel sein Blick auf die Uhr über der Bar. Er stellte fest, dass er nun zwei Stunden hier sass, alleine, an diesem Tisch mit der Marmorimitatstischplatte. Ein weiteres Handzeichen für den Bartender, dass er nochmals eine Flasche Bier wünschte, dann den letzten Schluck aus dieser Flasche. Anschliessend starrte er wieder auf die Tischplatte. Ein weiteres Nicken für den Bartender, als dieser die neue Bierflasche hinstellte.

Dieser sah ihn fragend an, so ein Blick nach dem Motto: "genug gesoffen, 's wär' besser nachhaus' zu geh'n", stellte jedoch das Bier hin und nahm die leere Flasche wieder mit.....

Mit neuem Bier in der Hand fühlte er sich gerade wieder wohl und liess seinen Blick erneut im Lokal herumschweifen. Dabei entdeckte er, dass in der hinteren Ecke noch so ein Dart-Automat stand, mit welchem sich drei jugendlich aussehende Kerle vergnügten.....

Dann senkte er seinen Blick wieder auf die Tischplatte.....

Nun schwirrten ihm einige Gedanken durch den Geist, weckten Erinnerungen, welche er heute aber mit Bier wegspülen wollte. Dennoch kamen sie wieder. Seine Erinnerungen schweiften ab. Nun zwang er sich nichts mehr zu denken, liess keine Gedanken mehr aufkommen, ertränkte sie mit Bier, wie er es in den letzten Tagen immer der Fall war. Er wollte nicht mehr denken. Wieder nahm er einen grossen Schluck aus der Bierflasche. Dann zog er seine Brieftasche hervor und winkte dem Bartender damit.

Jener hatte ihn wohl falsch verstanden, denn er brachte ihm nochmals eine Flasche Bier, kassierte dann aber doch noch. Der Bartender entfernte sich wieder, so dass er wieder alleine am Tisch sass. Wieder starrte er auf die Tischplatte, verfolgte dabei das Gespräch des jungen Pärchens am Nebentisch ein wenig, doch es schien ihm zu wenig interessant um genau hinzuhören.

Den letzten Rest Bier in der Flasche stürzte er, stellte die leere Flasche auf den Marmorimitatstisch, erhob sich, nahm die leere Flasche in die Hand und ging zur Bar. Dort liess er sich noch zwei Flaschen, volle wohlgemerkt, behändigen und verliess das Lokal. Unter der Tür drehte er sich nochmals um, warf einen Blick zurück zu dem Tisch, an welchem er nun doch einige Stunden verbracht hatte und sah, dass sich noch niemand dorthin gesetzt hatte.

Nach dem Verlassen des Lokals war er sich unschlüssig was er noch tun sollte, wohin er noch gehen könnte. Er lief einfach darauf los. Als er am Stadtpark vorbei kam, dachte er sich, dass man sich dort auf die Wiese setzen könne und die Sterne betrachten. Er zog seinen Schlüsselbund aus der Tasche, denn er hatte einen Flaschenöffner am Schlüsselbund, mit dem er nun die nächste Flasche Bier öffnete. Den Kronkorken warf er einfach in ein Gebüsch, ging ein paar Schritte in den Stadtpark und setzte sich mitten auf den Rasen, der auch schon mal bessere Tage gesehen hatte.

Die Sternbilder kannte er noch halbwegs, als junger Bub' hatte er sich mal damit beschäftigt. Er sass einfach da, betrachtete die Sterne und trank Bier.

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