Er lag auf seinem Bett, im Zimmer war es dunkel, die Strassenlaternen mussten erloschen sein. Und wie er sich auch drehte, der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Nun musste auch noch das Telephon klingeln. Mitten in der Nacht. Die kleine Wanduhr verriet ihm, dass es kurz vor ein Uhr war. Wer wohl um diese Zeit noch anruft? Egal, der Anrufbeantworter war ja eingeschaltet, und zudem war er zu müde um aufzustehen. Da, endlich Ruhe. Er drehte sich auf die andere Seite, hoffte bald einzuschlafen. Wer um diese Zeit anruft hat Wichtiges mitzuteilen, dachte er. Ach, Herrgott, morgen früh hör' ich das Band ab. Nochmals drehte er sich, und dennoch, der Gedanke liess ihn nicht los, dass es sicher etwas Wichtiges war. Da ich sowieso noch wach bin könnte ich eigentlich doch aufstehen, ach, nein, morgen dann..... wieder versuchte er mit einer weiteren Drehung endlich den Schlaf zu finden. Was soll's, jetzt kannst du sowieso nicht mehr einschlafen, steh' auf und hör' dir an was man dir mitteilen wollte..... Also erhob er sich, drehte das Licht an, und musste sich zuerst wieder an die Bettkante setzen, weil ein Schwindel ihn überfiel. Das nächste Mal säufst du nicht mehr soviel ..... Dies warf er sich selbst vor, obwohl er genau wusste, wenn er nächstes Mal wieder mit den Kumpels unterwegs ist, dass dann doch wieder drei, vier, sieben Bierchen gezischt würden. Hoch mit dir, altes Schlachtross..... Wie funktioniert nun dieses Scheissding.....? Er hatte den Beantworter eigentlich nie gerne gehabt, aber sein letzter Lebenspartner bestand darauf. Also, wie genau..... Ach, ja, zuerst den, dann den Knopf..... das Band lief zurück, stoppte um dann die Mitteilung abzuspielen. Eine ihm fremde Stimme, völlig unbekannt, redete ziemlich hastig. Den Namen des Fremden hatte er nicht verstanden, darum das Band nochmals zurückgespult. Michael.....? Kenn' ich nicht..... Michael? Stop, nochmals zurück..... Wie er darüber nachsinnierte welcher Michael dies nun sein könnte, hatte er die Mitteilung nicht recht verstanden. Er spulte deshalb das Band nochmals zurück und spielte es nochmals ab. Zuerst hörte er eine hastig hingeplapperte Entschuldigung wegen der späten Störung, dann..... irgendwas über einen Thomas, der eben in eine Klinik gebracht worden war..... Thomas.....? Welcher Thomas.....? Dann folgte, ebenso hastig gesprochen eine Ziffernfolge. Eine Handy-Nummer..... schnell den Stift..... So..... notiert..... und jetzt wieder ins Bett, morgen früh dann rufst du da mal an..... Er legte sich wieder hin und drehte das Licht ab, versuchte wieder Schlaf zu finden. Dennoch, wie er sich auch drehte, nun konnte er keine Ruhe mehr finden. Sogar zum Schlafen war er noch zu müde. Nach ein paar Augenblicken erhob er sich wieder, nahm den Notizzettel zur Hand, griff zum Telephon. Wenn der mich mitten in der Nacht anruft, kann ich das auch..... Er wählte die notierte Nummer. Hallo? ..... Bist du Michael? ..... Langsam! ..... Zuerst, wer bist du, ich glaub' ich kenn' dich nicht, und weshalb rufst du mitten in der Nacht an? ..... Thomas? Welcher Thomas? ..... Entschuldige bitte, aber ich muss mich zuerst setzen. ..... beruhige dich erstmal und dann bitte nochmals von vorne. ..... woher hast du meine Nummer? ..... Von Thomas, aber, herrgottnochmal, welcher Thomas? ..... Wo seid ihr? ..... In welcher Klinik? ..... Bitte, welcher Thomas? ..... Scheisse! Den kannte ich nur unter dem Namen Tom. ..... Ja, wir waren mal zusammen, aber dies muss Jahre her sein. ..... und er hat dir diese Nummer gegeben? ..... Was ist denn nun los? ..... In welcher Klinik? ..... Die ist nicht weit von hier. ..... Okay, ich komme. Kann in etwa einer halben Stunde dort sein.
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte betrachtete er das Telephon, und fragte sich weshalb Tom, anscheinend nannte er sich jetzt Thomas, seine Nummer angegeben hatte. Dies müssten schon etwa acht, nein, neun Jahre gewesen sein, als wir im Streit auseinander gingen.
Verdammt, wo hab' ich die Hosen hingelegt..... Autoschlüssel? Und überhaupt, auf was lasse ich mich nun wieder ein? ..... Ach, scheiss drauf! Er zog sich an, betrachtete nochmals den Notizzettel und legte ihn wieder neben das Telephon. Jetzt hast du schon gesagt, dass du kommst. Er verliess die Wohnung, schloss ab und ging zu seinem Wagen. In der Klinik musste er sich zuerst einmal durchfragen. Warum hab' ich bloss den Zettel mit der Handy-Nummer zuhause gelassen, jetzt hätt' ich diesen Michael nochmals anrufen können, um zu fragen auf welcher Station .....
Jemand legte eine Hand auf seine Schulter und fragte ihn, ob er Stephan sei. Dann musst du Michael sein ..... und was ist nun mit Tom? Neun Jahre gar nichts, und dann mitten in der Nacht..... Michael meinte nur, dass dies Thomas selbst erklären sollte. Und bat ihn mitzukommen. Also folgte er diesem Michael, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Michael führte ihn in ein Zimmer, da war nur ein Bett und in dem lag eine jämmerliche Figur. Total abgemagert, ausgezehrt, Arme und Beine wie Streichhölzer. Durch die dünne Bettdecke konnte man beinahe jede einzelne Rippe erkennen. Und erst das Gesicht, nur noch Haut, die man über einen Schädel gespannt hatte. .....
Stephan musste zweimal hinsehen, um Tom zu erkennen. Auf der Fahrt zur Klinik hatte er versucht sich an Tom zu erinnern, und sah einen gut gebauten, athletischen Kerl vor seinem inneren Auge. Und nun dieser Anblick, dieses Häufchen Elend sollte Tom sein?
Dies konnte unmöglich Tom sein. Damals hatten sie schöne drei Jahre miteinander verbracht, jeder war neidisch, dass er einen solch schönen Mann an seiner Seite hatte. Weshalb sie dann in Streit gerieten und sich dann trennten, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Aber dies war nun schon neun Jahre her. Aber da er nun schon mal hier war konnte er ebensogut auch mit Tom sprechen. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Diese vielen Schläuche und Kabel..... und mittendrin, eben Tom..... Oder was von ihm noch da war.....
Lange her, nicht? Anscheinend geht es dir nicht gerade blendend, wie man sehen kann..... Tom zwinkerte, versuchte zu lächeln, hob die Hand um eine abwehrende Geste zu machen. Dann sah er Michael flehend an. Ich warte draussen..... meinte dieser und ging aus dem Zimmer. Wieder versuchte Tom zu Lächeln, als er Stephan ansah, aber die traurigen Augen verrieten ihn.
Entschuldige bitte..... dass ich..... nein, entschuldige überhaupt..... dann drehte Tom den Kopf weg und begann zu weinen. Tom, sieh' mich bitte an..... bemerkte Stephan, und sag' mir bitte, wie aus einem solchen Kerl von Mann so etwas wie jetzt geworden ist, und weshalb man erst nach so langer Zeit wieder mal was von sich hören lässt? Tom drehte seinen Kopf zurück zu Stephan, schaute ihm in die Augen, und sprach mit tränendurchweichter Stimme. Entschuldige, bitte, aber ich hatte ein schlechtes Gewissen..... erstens wegen damals, der Streit, du weisst sicher noch..... du hattest ja so recht..... und wieder drehte Tom den Kopf weg, damit Stephan seine Tränen nicht sehen konnte.
Stephan legte seine Hand auf Tom's Schulter. Eigentlich weiss ich gar nicht mehr wegen was wir damals gestritten haben..... Aber es musste wohl so sein..... nun, denn..... du hast gesagt erstens, als du von deinem schlechten Gewissen sprachst..... gibt es also noch weiteres, das du mir sagen wolltest? Tom drehte sein Gesicht wieder zu Stephan, noch immer standen Tränen in seinen Augen. Er schluckte, und setzte wieder an zu sprechen. Ja, es gibt ein zweites..... und das belastet mein Gewissen stärker als der dämliche Streit von damals. Aber zuerst will ich dir nochmals sagen, dass du recht hattest, mit all deinen Vorwürfen. Ach, Gott, hätt' ich damals nur auf dich gehört..... weisst du noch was du mir damals vorgeworfen hast? Stephan versuchte sich zu erinnern, aber er wusste nur noch, dass sie sich gestritten hatten, aber weshalb wollte ihm einfach nicht mehr in den Sinn kommen. Ich weiss nur noch, dass du am Morgen nach dem Streit ausgezogen bist, danach hast du nichts mehr von dir hören lassen. Anscheinend war es für mich nicht so wichtig weshalb du gegangen bist.....
Tom schluckte nochmals, noch immer standen Tränen in seinen Augen. Du hast mir vorgehalten, dass ich viele Affären hätte. Von dir wusste ich ja, dass du nicht oft in Szene-Lokale gingst, und dass du dies zwar erlaubt, aber nicht unbedingt gebilligt hattest. Aber ich war jung, wollte leben. Du warst zufrieden, wenn du jemanden hattest, den du umarmen konntest, dem du in den Armen liegen konntest..... ich wollte aber immer gern mehrere Männer haben. Wollte immer gern der Begehrte sein. Tom schluckte nochmals, und wandte sich nochmals ab. Stephan wartete bis Tom wieder zu sprechen begann. Ich habe es geliebt, wenn andere Männer mit mir flirteten, und versuchten mich für sich einzunehmen. Und ja, mit manchem bin ich dann auch mitgegangen, trotz unserer Freundschaft.
Stephan streichelte Tom die Schulter. Das habe ich gewusst, und ja, ich habe deine Eskapaden eigentlich nur gebilligt. Aber was hat dies damit zu tun, dass du mich mitten in der Nacht anrufen lässt, was hat das damit zu tun, wie du heute aussiehst? Stephan fragte sich, weshalb Tom ihm etwas zu erklären versuchte, was er eigentlich schon lange vergessen hatte. Nun drehte Tom sich wieder ihm zu. Nach unserer Trennung habe ich dann noch ausschweifender gelebt. Aber dies hat nichts mit unserer Situation zu tun. Etwa ein Jahr nach unserer Trennung war ich wegen einem kleinen Unfall im Krankenhaus. Dort hatte man mein Blut untersucht. Dabei wurde entdeckt, dass ich HIV-positiv war. Und wozu dies führt, siehst du ja vor dir. Ich habe AIDS..... wieder drehte Tom sich ab, begann zu weinen. Bitte geh' jetzt..... geh'! ... geh!
Stephan stand auf, wollte eigentlich schon gehen, drehte sich nochmals um, wollte noch etwas sagen. Er drehte sich dann doch ab, und verliess das Zimmer.
Draussen auf dem Gang traf er Michael, der gewartet hatte. Dieser ging auf ihn zu, streckte ihm die Hand entgegen. Wir sind einander noch nicht vorgestellt worden. Ich bin Michael, der derzeitige Lebenspartner von Thomas. Und du bist Stephan. Thomas hat mir schon so viel erzählt von dir, dass ich glaube dich schon ewig zu kennen. Thomas war, nein, ist immer noch in dich verliebt. Stephan hob den Kopf, sah diesem Michael in die Augen. Bitte, wie? Ich war in Gedanken, hab' dich nicht gehört. Was ist mit Tom? Michael sah ihn flehend an. Wie du sicher gesehen hast, ist Thomas im Endstadium von AIDS..... was alles hat Thomas dir gesagt? Fragend erwiderte Stephan den Blick. Er sprach nur von dem dämlichen Streit damals. Michael schluckte. Dieser Streit hat ihn sehr mitgenommen. Wie gesagt, er vermisst dich immer noch. Kopfschüttelnd meinte Stephan nur, dass Tom damals gegangen war..... Aber weshalb hast du mich mitten in der Nacht angerufen? Michael wich seinem Blick aus. Thomas wollte das..... Was hat er dir denn, ausser dem Streit, sonst noch erzählt? ... Dann werde ich es tun müssen..... ich weiss nur nicht wie ich soll..... Stephan sah durch Michael hindurch und bemerkte, wie nebenbei: Tom wird sterben. Das war mir klar als ich ihn vorher gesehen habe. Davor habe ich keine Angst. Es hat mich zuerst schon erschreckt..... Aber ich denke, damit komme ich klar..... Michael ergriff Stephans Hand. Hat er dir erzählt wann er infiziert wurde? Wahrscheinlich bevor, oder während ihr zusammen gewesen seid. Irgendwann als er mal wieder auf dem Wackel war, und du lieber zuhause geblieben bist.
Stephan stiess Michael's Hand weg. Jetzt soll auch ich noch schuld sein für..... Michael griff an Stephans Schulter. Nein..... nein. Thomas war so wie er war. Dafür trägst du keine Schuld. Aber hast du dich schon mal auf HIV testen lassen? Er könnte dich angesteckt haben.
Nun musste Stephan sich zuerst einmal setzen, und klare Gedanken fassen über das, was er soeben gehört hatte. Michael setzte sich neben ihn. Wollte etwas sagen, aber Stephan winkte ab. Zuerst musste mit der neuen Situation fertig werden, denn damit hatte er sich noch nicht befasst. Michael wandte sich erneut an ihn, aber Stephan nahm ihn nicht wahr, war zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Dies war eine Situation, auf welche er nicht vorbereitet war. An solches hatte er noch nie gedacht. Wieder wollte Michael etwas sagen, doch Stephan wies ihn ab. Bitte..... ich fahre jetzt nach hause, komme dann wieder, wenn ich ausgeschlafen bin, wenn ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann. Ruf mich an, wenn ich bis morgen abend mich noch nicht gemeldet habe. ... Stephan stand auf, ging zum Ausgang, drehte sich noch einmal um, als wie er noch etwas sagen wollte, winkte dann doch nur ab und trat durch die Tür.
Auf dem Parkplatz stand er dann noch eine Zeitlang neben seinem Wagen, die Schlüssel in der Hand, betrachtete gedankenverloren den kleinen Aufkleber an der Heckscheibe. Der Aufkleber spiegelte das Licht der Parkplatzbeleuchtung wieder, so dass man nicht genau erkennen konnte, was er darstellte. Es war der Red Ribbon, das Zeichen für Solidarität für HIV-positive und AIDS-kranke Mitmenschen. Stephan betrachtete den Aufkleber und ein Gedanke wollte nicht mehr weichen, sollte diese Solidarität auch ihm gelten? Doch dann steckte er mit einer heftigen Geste den Schlüssel ins Türschloss seines Wagens, stieg ein und startete den Wagen. Er fuhr nach hause, wollte ins Bett, wollte zuerst einmal schlafen.
Nachdem er sich hingelegt hatte, fand sich der Schlaf nicht ein. Seine Gedanken schlugen Purzelbäume. Mit der Möglichkeit hatte er nie gerechnet, dass er infiziert sein könnte. Und doch bestand die Möglichkeit. Ob er nun Tom deswegen hassen sollte, oder den wieder gefundenen Kontakt wieder abbrechen oder aufrecht erhalten sollte, er war uneins mit sich selbst. Das erste Mal in seinem Leben dachte er tiefer über sich nach. Dabei stellte er fest, das der rote Faden seines Daseins nur simpler, naiver Zweckpragmatismus war. Funktionieren musste man, oft liess er Dinge und Situationen einfach geschehen, meistens kam es dann sowieso richtig. Er war eigentlich noch nie von seinem Leben enttäuscht gewesen, aber auch noch nie richtig glücklich damit. Er war einfach. Das Leben war für ihn einfach natürlich gewesen. Niemals hatte er darüber nachgedacht, woher oder wohin, oder gar den Zweck oder Sinn seines Lebens reflektiert. Und nun tat er dies in einer halben Nacht. Wohl aber nur, weil er mit ziemlicher Heftigkeit dazu gestossen wurde. Das erste Mal in seinem Leben hatte er Angst, dass er es verlieren könnte. Dass es seiner Kontrolle entgleiten könnte, obwohl er es noch nie kontrolliert hatte. Trotz seiner schweren Gedanken fand er dann doch noch Schlaf.
Das Telephon riss ihn wieder aus dem Schlaf. Stephan schaute auf die Uhr, und erschrak. Das erste Mal in seinem Leben hatte er verschlafen. Doch halt..... was für ein Tag ist heute? Und am Tageslicht an war es schon Abend! Scheisse! Gestern wurde es sehr spät, darum habe ich verschlafen, aber gleich einen ganzen Tag? Das Telephon klingelte noch immer. Stephan stand auf, ging zum Telephon und griff nach dem Hörer. Ja? ..... Hallo, Michael..... was? ..... Gut, ich komme..... Nachdem er den Hörer wieder aufgelegt hatte, nahm er den kleinen Tischkalender zur Hand, und schob den kleinen roten Anzeigerahmen um eine Ziffer weiter. Lange betrachtete er den kleinen roten Rahmen. Gedanken schossen in durch den Kopf, wie oft er wohl noch diesen Rahmen um eine Ziffer weiter schieben konnte..... mit einer brüsken Bewegung stellte er den Tischkalender wieder hin. Zu sich selbst sagte er, dass noch nichts sicher sei, dass er sich noch nicht hätte testen lassen. Nur der graue Schatten des Verdachts lastete auf ihm. Er zog sich an, ging zu seinem Wagen und fuhr wieder in die Klinik.
Dort angekommen ging er ohne Worte an Michael vorbei, er nickte nur im Vorbeigehen. Thomas lag noch immer gleich wie gestern da, drehte nur den Kopf Richtung Tür, als Stephan eintrat. Hallo, Tom. Ich war gerade in der Gegend. Tom sah ihn an, in seinem Blick konnte man lesen, dass er den Spruch gar nicht so witzig fand, dann drehte er den Kopf weg, sprach gegen die Wand. Michael hat mir gesagt, dass er es dir gesagt hat. Was willst du also noch? Bitte geh.....!
Stephan setzte sich wortlos auf den Stuhl neben dem Bett, nahm Tom's Hand und drückte sie. So sassen sie eine Stunde beieinander, wortlos, ohne sich anzusehen. Nur dieser flüchtige, andauernde, kraftlose und doch herzliche Händedruck. Dann erhob sich Stephan, Tom drehte sein Gesicht wieder zu ihm und sagte: Bitte..... komme nicht mehr. Was gesagt werden musste ist gesagt, alles weitere schmerzt entweder dich oder mich. Also, danke, war schön dich mal wieder zu sehen.
Stephan verliess den Raum, draussen wartete Michael. Stephan klopfte ihm auf die Schulter. Komm', gehen wir uns besaufen..... dann legte er seinen Arm um die Schultern von Michael. Dieser wehrte sich mit der einfachen Bemerkung, dass er lieber bei Thomas bleiben wolle, man wisse ja nicht so genau, wann es bei ihm soweit sei. Stephan und schob Michael vor sich her aus der Tür. Ach was, nicht in der nächsten Stunde.....
Im Lokal angekommen setzten sie sich in die hinterste Ecke. Stephan besah sich über den Rand seines Bierglases diesen Michael genau. Also, wer bist du? Von dir kenne ich nur den Vornamen und eine Handy-Nummer. Michael war ein wenig verwundert warum er dies wissen wollte, erwiderte nur, dass er einfach nur der aktuelle Lebenspartner von Thomas sei. Ihr Gespräch dauerte dann doch länger als eine Stunde. Michael erzählte viel von sich, Stephan musste dies nicht tun, da Thomas anscheinend sehr viel über ihn erzählt hatte.
Am nächsten Morgen ging Stephan wieder zu Tom, setzte sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett, wieder ergriff er Tom's Hand. Doch dieser zog seine Hand zurück und ranzte ihn an, dass er gestern doch gesagt hätte, dass er nicht wieder kommen solle. Stephan blieb dann doch noch sitzen, den Blick auf seine Schuhe. Plötzlich drehte sich Tom zu Stephan, schrie ihn mit tränenverhangenen Augen an. Bitte, geh..... Geh!
Stephan erhob sich, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um, so als wolle er noch etwas sagen, schüttelte dann nur den Kopf und verliess das Zimmer. Draussen war wieder Michael. Er will dich nicht mehr sehen? Anscheinend, deine Telephon-Nummer habe ich ja. Sollte es im schlechter gehen, rufe ich dich an..... Stephan verliess die Klinik, fuhr nach hause, setzte sich dort in den Fernsehsessel, und blieb bis am Abend dort sitzen.
Am Montagmorgen meldete er sich auf der Arbeit krank, und fuhr wieder in die Klinik, aber nicht um Tom zu besuchen. Er hatte sich beim Labor angemeldet. Nach der Blutabnahme fuhr er wieder nach hause. Bis die Tests abgeschlossen waren dauerte es ihm zu lange um in der Klinik zu warten. Wieder setzte er sich in den Fernsehsessel und blieb dort sitzen. Er schlief sogar im Sessel, war einfach eingeschlafen. Das Telephon riss ihn aus dem Schlaf, wieder war es mitten in der Nacht. Michael war dran. Bitte, komm' in die Klinik. Nicht wegen Thomas, sondern meinetwegen.
Also setzte sich Stephan in seinen Wagen, fuhr zur Klinik, nur diesmal wartete er vor Tom's Zimmer. Etwas nach vier Uhr kam Michael aus dem Zimmer, mit leerem, abwesenden Blick, setzte sich neben ihn und starrte auf den Boden. Stephan legte seinen Arm um die Schultern von Michael, dieser legte den Kopf an seine Schulter und begann hemmungslos zu weinen.
Stephan nahm Michael zu sich nach hause, legte ihn in sein Bett und setzte sich wieder in den Fernsehsessel, wo er nach einiger Zeit auch einschlief. Kurz vor Mittag wurde er durch das Telephon geweckt, das Labor rief an. Er brauchte einen Augenblick, um klar im Kopf zu werden. Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung war geduldig, sie wiederholte den Testbefund dreimal, bis sich Stephan bedankte und auflegte. Michael kam aus dem Schlafzimmer, sah in fragend an. Stephan war etwas verlegen und erwiderte nur: Das Labor, wegen meinen Tests.....
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte betrachtete er das Telephon, und fragte sich weshalb Tom, anscheinend nannte er sich jetzt Thomas, seine Nummer angegeben hatte. Dies müssten schon etwa acht, nein, neun Jahre gewesen sein, als wir im Streit auseinander gingen.
Verdammt, wo hab' ich die Hosen hingelegt..... Autoschlüssel? Und überhaupt, auf was lasse ich mich nun wieder ein? ..... Ach, scheiss drauf! Er zog sich an, betrachtete nochmals den Notizzettel und legte ihn wieder neben das Telephon. Jetzt hast du schon gesagt, dass du kommst. Er verliess die Wohnung, schloss ab und ging zu seinem Wagen. In der Klinik musste er sich zuerst einmal durchfragen. Warum hab' ich bloss den Zettel mit der Handy-Nummer zuhause gelassen, jetzt hätt' ich diesen Michael nochmals anrufen können, um zu fragen auf welcher Station .....
Jemand legte eine Hand auf seine Schulter und fragte ihn, ob er Stephan sei. Dann musst du Michael sein ..... und was ist nun mit Tom? Neun Jahre gar nichts, und dann mitten in der Nacht..... Michael meinte nur, dass dies Thomas selbst erklären sollte. Und bat ihn mitzukommen. Also folgte er diesem Michael, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Michael führte ihn in ein Zimmer, da war nur ein Bett und in dem lag eine jämmerliche Figur. Total abgemagert, ausgezehrt, Arme und Beine wie Streichhölzer. Durch die dünne Bettdecke konnte man beinahe jede einzelne Rippe erkennen. Und erst das Gesicht, nur noch Haut, die man über einen Schädel gespannt hatte. .....
Stephan musste zweimal hinsehen, um Tom zu erkennen. Auf der Fahrt zur Klinik hatte er versucht sich an Tom zu erinnern, und sah einen gut gebauten, athletischen Kerl vor seinem inneren Auge. Und nun dieser Anblick, dieses Häufchen Elend sollte Tom sein?
Dies konnte unmöglich Tom sein. Damals hatten sie schöne drei Jahre miteinander verbracht, jeder war neidisch, dass er einen solch schönen Mann an seiner Seite hatte. Weshalb sie dann in Streit gerieten und sich dann trennten, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Aber dies war nun schon neun Jahre her. Aber da er nun schon mal hier war konnte er ebensogut auch mit Tom sprechen. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Diese vielen Schläuche und Kabel..... und mittendrin, eben Tom..... Oder was von ihm noch da war.....
Lange her, nicht? Anscheinend geht es dir nicht gerade blendend, wie man sehen kann..... Tom zwinkerte, versuchte zu lächeln, hob die Hand um eine abwehrende Geste zu machen. Dann sah er Michael flehend an. Ich warte draussen..... meinte dieser und ging aus dem Zimmer. Wieder versuchte Tom zu Lächeln, als er Stephan ansah, aber die traurigen Augen verrieten ihn.
Entschuldige bitte..... dass ich..... nein, entschuldige überhaupt..... dann drehte Tom den Kopf weg und begann zu weinen. Tom, sieh' mich bitte an..... bemerkte Stephan, und sag' mir bitte, wie aus einem solchen Kerl von Mann so etwas wie jetzt geworden ist, und weshalb man erst nach so langer Zeit wieder mal was von sich hören lässt? Tom drehte seinen Kopf zurück zu Stephan, schaute ihm in die Augen, und sprach mit tränendurchweichter Stimme. Entschuldige, bitte, aber ich hatte ein schlechtes Gewissen..... erstens wegen damals, der Streit, du weisst sicher noch..... du hattest ja so recht..... und wieder drehte Tom den Kopf weg, damit Stephan seine Tränen nicht sehen konnte.
Stephan legte seine Hand auf Tom's Schulter. Eigentlich weiss ich gar nicht mehr wegen was wir damals gestritten haben..... Aber es musste wohl so sein..... nun, denn..... du hast gesagt erstens, als du von deinem schlechten Gewissen sprachst..... gibt es also noch weiteres, das du mir sagen wolltest? Tom drehte sein Gesicht wieder zu Stephan, noch immer standen Tränen in seinen Augen. Er schluckte, und setzte wieder an zu sprechen. Ja, es gibt ein zweites..... und das belastet mein Gewissen stärker als der dämliche Streit von damals. Aber zuerst will ich dir nochmals sagen, dass du recht hattest, mit all deinen Vorwürfen. Ach, Gott, hätt' ich damals nur auf dich gehört..... weisst du noch was du mir damals vorgeworfen hast? Stephan versuchte sich zu erinnern, aber er wusste nur noch, dass sie sich gestritten hatten, aber weshalb wollte ihm einfach nicht mehr in den Sinn kommen. Ich weiss nur noch, dass du am Morgen nach dem Streit ausgezogen bist, danach hast du nichts mehr von dir hören lassen. Anscheinend war es für mich nicht so wichtig weshalb du gegangen bist.....
Tom schluckte nochmals, noch immer standen Tränen in seinen Augen. Du hast mir vorgehalten, dass ich viele Affären hätte. Von dir wusste ich ja, dass du nicht oft in Szene-Lokale gingst, und dass du dies zwar erlaubt, aber nicht unbedingt gebilligt hattest. Aber ich war jung, wollte leben. Du warst zufrieden, wenn du jemanden hattest, den du umarmen konntest, dem du in den Armen liegen konntest..... ich wollte aber immer gern mehrere Männer haben. Wollte immer gern der Begehrte sein. Tom schluckte nochmals, und wandte sich nochmals ab. Stephan wartete bis Tom wieder zu sprechen begann. Ich habe es geliebt, wenn andere Männer mit mir flirteten, und versuchten mich für sich einzunehmen. Und ja, mit manchem bin ich dann auch mitgegangen, trotz unserer Freundschaft.
Stephan streichelte Tom die Schulter. Das habe ich gewusst, und ja, ich habe deine Eskapaden eigentlich nur gebilligt. Aber was hat dies damit zu tun, dass du mich mitten in der Nacht anrufen lässt, was hat das damit zu tun, wie du heute aussiehst? Stephan fragte sich, weshalb Tom ihm etwas zu erklären versuchte, was er eigentlich schon lange vergessen hatte. Nun drehte Tom sich wieder ihm zu. Nach unserer Trennung habe ich dann noch ausschweifender gelebt. Aber dies hat nichts mit unserer Situation zu tun. Etwa ein Jahr nach unserer Trennung war ich wegen einem kleinen Unfall im Krankenhaus. Dort hatte man mein Blut untersucht. Dabei wurde entdeckt, dass ich HIV-positiv war. Und wozu dies führt, siehst du ja vor dir. Ich habe AIDS..... wieder drehte Tom sich ab, begann zu weinen. Bitte geh' jetzt..... geh'! ... geh!
Stephan stand auf, wollte eigentlich schon gehen, drehte sich nochmals um, wollte noch etwas sagen. Er drehte sich dann doch ab, und verliess das Zimmer.
Draussen auf dem Gang traf er Michael, der gewartet hatte. Dieser ging auf ihn zu, streckte ihm die Hand entgegen. Wir sind einander noch nicht vorgestellt worden. Ich bin Michael, der derzeitige Lebenspartner von Thomas. Und du bist Stephan. Thomas hat mir schon so viel erzählt von dir, dass ich glaube dich schon ewig zu kennen. Thomas war, nein, ist immer noch in dich verliebt. Stephan hob den Kopf, sah diesem Michael in die Augen. Bitte, wie? Ich war in Gedanken, hab' dich nicht gehört. Was ist mit Tom? Michael sah ihn flehend an. Wie du sicher gesehen hast, ist Thomas im Endstadium von AIDS..... was alles hat Thomas dir gesagt? Fragend erwiderte Stephan den Blick. Er sprach nur von dem dämlichen Streit damals. Michael schluckte. Dieser Streit hat ihn sehr mitgenommen. Wie gesagt, er vermisst dich immer noch. Kopfschüttelnd meinte Stephan nur, dass Tom damals gegangen war..... Aber weshalb hast du mich mitten in der Nacht angerufen? Michael wich seinem Blick aus. Thomas wollte das..... Was hat er dir denn, ausser dem Streit, sonst noch erzählt? ... Dann werde ich es tun müssen..... ich weiss nur nicht wie ich soll..... Stephan sah durch Michael hindurch und bemerkte, wie nebenbei: Tom wird sterben. Das war mir klar als ich ihn vorher gesehen habe. Davor habe ich keine Angst. Es hat mich zuerst schon erschreckt..... Aber ich denke, damit komme ich klar..... Michael ergriff Stephans Hand. Hat er dir erzählt wann er infiziert wurde? Wahrscheinlich bevor, oder während ihr zusammen gewesen seid. Irgendwann als er mal wieder auf dem Wackel war, und du lieber zuhause geblieben bist.
Stephan stiess Michael's Hand weg. Jetzt soll auch ich noch schuld sein für..... Michael griff an Stephans Schulter. Nein..... nein. Thomas war so wie er war. Dafür trägst du keine Schuld. Aber hast du dich schon mal auf HIV testen lassen? Er könnte dich angesteckt haben.
Nun musste Stephan sich zuerst einmal setzen, und klare Gedanken fassen über das, was er soeben gehört hatte. Michael setzte sich neben ihn. Wollte etwas sagen, aber Stephan winkte ab. Zuerst musste mit der neuen Situation fertig werden, denn damit hatte er sich noch nicht befasst. Michael wandte sich erneut an ihn, aber Stephan nahm ihn nicht wahr, war zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Dies war eine Situation, auf welche er nicht vorbereitet war. An solches hatte er noch nie gedacht. Wieder wollte Michael etwas sagen, doch Stephan wies ihn ab. Bitte..... ich fahre jetzt nach hause, komme dann wieder, wenn ich ausgeschlafen bin, wenn ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann. Ruf mich an, wenn ich bis morgen abend mich noch nicht gemeldet habe. ... Stephan stand auf, ging zum Ausgang, drehte sich noch einmal um, als wie er noch etwas sagen wollte, winkte dann doch nur ab und trat durch die Tür.
Auf dem Parkplatz stand er dann noch eine Zeitlang neben seinem Wagen, die Schlüssel in der Hand, betrachtete gedankenverloren den kleinen Aufkleber an der Heckscheibe. Der Aufkleber spiegelte das Licht der Parkplatzbeleuchtung wieder, so dass man nicht genau erkennen konnte, was er darstellte. Es war der Red Ribbon, das Zeichen für Solidarität für HIV-positive und AIDS-kranke Mitmenschen. Stephan betrachtete den Aufkleber und ein Gedanke wollte nicht mehr weichen, sollte diese Solidarität auch ihm gelten? Doch dann steckte er mit einer heftigen Geste den Schlüssel ins Türschloss seines Wagens, stieg ein und startete den Wagen. Er fuhr nach hause, wollte ins Bett, wollte zuerst einmal schlafen.
Nachdem er sich hingelegt hatte, fand sich der Schlaf nicht ein. Seine Gedanken schlugen Purzelbäume. Mit der Möglichkeit hatte er nie gerechnet, dass er infiziert sein könnte. Und doch bestand die Möglichkeit. Ob er nun Tom deswegen hassen sollte, oder den wieder gefundenen Kontakt wieder abbrechen oder aufrecht erhalten sollte, er war uneins mit sich selbst. Das erste Mal in seinem Leben dachte er tiefer über sich nach. Dabei stellte er fest, das der rote Faden seines Daseins nur simpler, naiver Zweckpragmatismus war. Funktionieren musste man, oft liess er Dinge und Situationen einfach geschehen, meistens kam es dann sowieso richtig. Er war eigentlich noch nie von seinem Leben enttäuscht gewesen, aber auch noch nie richtig glücklich damit. Er war einfach. Das Leben war für ihn einfach natürlich gewesen. Niemals hatte er darüber nachgedacht, woher oder wohin, oder gar den Zweck oder Sinn seines Lebens reflektiert. Und nun tat er dies in einer halben Nacht. Wohl aber nur, weil er mit ziemlicher Heftigkeit dazu gestossen wurde. Das erste Mal in seinem Leben hatte er Angst, dass er es verlieren könnte. Dass es seiner Kontrolle entgleiten könnte, obwohl er es noch nie kontrolliert hatte. Trotz seiner schweren Gedanken fand er dann doch noch Schlaf.
Das Telephon riss ihn wieder aus dem Schlaf. Stephan schaute auf die Uhr, und erschrak. Das erste Mal in seinem Leben hatte er verschlafen. Doch halt..... was für ein Tag ist heute? Und am Tageslicht an war es schon Abend! Scheisse! Gestern wurde es sehr spät, darum habe ich verschlafen, aber gleich einen ganzen Tag? Das Telephon klingelte noch immer. Stephan stand auf, ging zum Telephon und griff nach dem Hörer. Ja? ..... Hallo, Michael..... was? ..... Gut, ich komme..... Nachdem er den Hörer wieder aufgelegt hatte, nahm er den kleinen Tischkalender zur Hand, und schob den kleinen roten Anzeigerahmen um eine Ziffer weiter. Lange betrachtete er den kleinen roten Rahmen. Gedanken schossen in durch den Kopf, wie oft er wohl noch diesen Rahmen um eine Ziffer weiter schieben konnte..... mit einer brüsken Bewegung stellte er den Tischkalender wieder hin. Zu sich selbst sagte er, dass noch nichts sicher sei, dass er sich noch nicht hätte testen lassen. Nur der graue Schatten des Verdachts lastete auf ihm. Er zog sich an, ging zu seinem Wagen und fuhr wieder in die Klinik.
Dort angekommen ging er ohne Worte an Michael vorbei, er nickte nur im Vorbeigehen. Thomas lag noch immer gleich wie gestern da, drehte nur den Kopf Richtung Tür, als Stephan eintrat. Hallo, Tom. Ich war gerade in der Gegend. Tom sah ihn an, in seinem Blick konnte man lesen, dass er den Spruch gar nicht so witzig fand, dann drehte er den Kopf weg, sprach gegen die Wand. Michael hat mir gesagt, dass er es dir gesagt hat. Was willst du also noch? Bitte geh.....!
Stephan setzte sich wortlos auf den Stuhl neben dem Bett, nahm Tom's Hand und drückte sie. So sassen sie eine Stunde beieinander, wortlos, ohne sich anzusehen. Nur dieser flüchtige, andauernde, kraftlose und doch herzliche Händedruck. Dann erhob sich Stephan, Tom drehte sein Gesicht wieder zu ihm und sagte: Bitte..... komme nicht mehr. Was gesagt werden musste ist gesagt, alles weitere schmerzt entweder dich oder mich. Also, danke, war schön dich mal wieder zu sehen.
Stephan verliess den Raum, draussen wartete Michael. Stephan klopfte ihm auf die Schulter. Komm', gehen wir uns besaufen..... dann legte er seinen Arm um die Schultern von Michael. Dieser wehrte sich mit der einfachen Bemerkung, dass er lieber bei Thomas bleiben wolle, man wisse ja nicht so genau, wann es bei ihm soweit sei. Stephan und schob Michael vor sich her aus der Tür. Ach was, nicht in der nächsten Stunde.....
Im Lokal angekommen setzten sie sich in die hinterste Ecke. Stephan besah sich über den Rand seines Bierglases diesen Michael genau. Also, wer bist du? Von dir kenne ich nur den Vornamen und eine Handy-Nummer. Michael war ein wenig verwundert warum er dies wissen wollte, erwiderte nur, dass er einfach nur der aktuelle Lebenspartner von Thomas sei. Ihr Gespräch dauerte dann doch länger als eine Stunde. Michael erzählte viel von sich, Stephan musste dies nicht tun, da Thomas anscheinend sehr viel über ihn erzählt hatte.
Am nächsten Morgen ging Stephan wieder zu Tom, setzte sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett, wieder ergriff er Tom's Hand. Doch dieser zog seine Hand zurück und ranzte ihn an, dass er gestern doch gesagt hätte, dass er nicht wieder kommen solle. Stephan blieb dann doch noch sitzen, den Blick auf seine Schuhe. Plötzlich drehte sich Tom zu Stephan, schrie ihn mit tränenverhangenen Augen an. Bitte, geh..... Geh!
Stephan erhob sich, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um, so als wolle er noch etwas sagen, schüttelte dann nur den Kopf und verliess das Zimmer. Draussen war wieder Michael. Er will dich nicht mehr sehen? Anscheinend, deine Telephon-Nummer habe ich ja. Sollte es im schlechter gehen, rufe ich dich an..... Stephan verliess die Klinik, fuhr nach hause, setzte sich dort in den Fernsehsessel, und blieb bis am Abend dort sitzen.
Am Montagmorgen meldete er sich auf der Arbeit krank, und fuhr wieder in die Klinik, aber nicht um Tom zu besuchen. Er hatte sich beim Labor angemeldet. Nach der Blutabnahme fuhr er wieder nach hause. Bis die Tests abgeschlossen waren dauerte es ihm zu lange um in der Klinik zu warten. Wieder setzte er sich in den Fernsehsessel und blieb dort sitzen. Er schlief sogar im Sessel, war einfach eingeschlafen. Das Telephon riss ihn aus dem Schlaf, wieder war es mitten in der Nacht. Michael war dran. Bitte, komm' in die Klinik. Nicht wegen Thomas, sondern meinetwegen.
Also setzte sich Stephan in seinen Wagen, fuhr zur Klinik, nur diesmal wartete er vor Tom's Zimmer. Etwas nach vier Uhr kam Michael aus dem Zimmer, mit leerem, abwesenden Blick, setzte sich neben ihn und starrte auf den Boden. Stephan legte seinen Arm um die Schultern von Michael, dieser legte den Kopf an seine Schulter und begann hemmungslos zu weinen.
Stephan nahm Michael zu sich nach hause, legte ihn in sein Bett und setzte sich wieder in den Fernsehsessel, wo er nach einiger Zeit auch einschlief. Kurz vor Mittag wurde er durch das Telephon geweckt, das Labor rief an. Er brauchte einen Augenblick, um klar im Kopf zu werden. Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung war geduldig, sie wiederholte den Testbefund dreimal, bis sich Stephan bedankte und auflegte. Michael kam aus dem Schlafzimmer, sah in fragend an. Stephan war etwas verlegen und erwiderte nur: Das Labor, wegen meinen Tests.....
Ich bin positiv.....
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